Liebe Kolleg_innen,

Was macht das Medienzentrum im Fediverse – und warum?

TL;DR:

Das World Wide Web (WWW) diente ursprünglich dem Austausch von Information, aber mit der Zentralisierung und Monetarisierung von Plattformen verschob sich die Nutzung hin zum Konsumieren. Als Alternative entstand das Fediverse, ein Netzwerk föderierter Server, das Nutzern erlaubt, sich auf verschiedenen Plattformen ohne Algorithmus und Datenmonopol auszutauschen. Das Medienzentrum Frankfurt bietet Lehrkräften in Hessen die föderierten Alternativen Mastodon, Pixelfed und Write Freely an, um Medienkompetenz zu fördern und Schülern eine alternative Nutzung aufzuzeigen. Ziel ist es, in entsprechenden Unterrichtssituationen über Freiheit, Moral und Ethik zu sprechen und unabhängige, nicht-kommerzielle Plattformen zu entdecken.

Für eine umfassendere Antwort muss man etwas ausholen:

Der Grundgedanke hinter dem WWW (World Wide Web, das von den meisten als „das Internet“ wahrgenommen wird) war, Informationen auf an ein Netzwerk angeschlossenen Rechnern durch einfache Verknüpfungen (Hyperlinks) miteinander zu verbinden. Ein Browser wurde als Werkzeug benötigt, um Informationen anzuzeigen und bei Anklicken eines Links im Text die dort hinterlegte Information von einem anderen Server abzurufen.

Der nächste Schritt war das Web 2.0. Im Unterschied zum bisherigen WWW konnten durch immer vielfältigere Werkzeuge (Wikis, Blogs, RSS usw.) plötzlich „alle“ Inhalte produzieren und veröffentlichen. Die ersten sozialen Netzwerke entstanden und ermöglichten den Austausch mit allen Menschen weltweit, die ans Internet angeschlossen waren. Bis zu diesem Zeitpunkt war Offenheit und Austausch der grundlegende Antrieb für diese Entwicklungen.

Mit dem nächsten Schritt – der Zentralisierung einzelner Dienste und Monetarisierung der gesammelten Daten – verlagerte sich die grundlegende Idee des „Produzierens“ hin zu einem „Teilnehmen und Konsumieren“. Zentrale Plattformen wie Facebook, Instagram oder Twitter sammeln enorme Mengen an Daten über ihre Nutzer und nutzen sie entweder selbst (Meta) oder verkaufen sie an entsprechende Vermarktungsnetzwerke weiter.

Der Nachteil besteht darin, dass ein einzelner Anbieter unglaubliche Mengen an Daten über eine Person sammeln kann. Wenn sich eine Plattform zu Änderungen entschließt, müssen alle Nutzer diesen Änderungen folgen, ansonsten verlieren sie ihre lang gepflegten Netzwerke, Kontakte und Informationen.

Als Reaktion auf diese Situation entstand frühzeitig die Idee, ein Netzwerk föderierter Netzwerke und Server zu bilden. Die Anwendung Mastodon (Microblogging) startete 2016 und im Jahr 2018 wurde das passende Kommunikationsprotokoll ActivityPub vom W3C (World Wide Web Consortium) definiert. Dadurch entstand das Fediverse.

Die Idee des „Fediverse“ besagt, dass man auf einem beliebigen Server im Fediverse einen Benutzer anlegen kann und sich mit allen anderen Benutzern auf allen anderen Servern austauschen kann, OHNE dort ein Konto zu besitzen. Wenn man es auf die großen Plattformen überträgt, bedeutet das, dass ein Nutzer bei Facebook Beiträge eines anderen Nutzers bei Instagram in seiner Timeline sehen kann. Oder ein Twitter-Nutzer kann einem Nutzer auf TikTok folgen und dessen Beiträge angezeigt bekommen. Das Ganze funktioniert ohne einen „Algorithmus“. Das bedeutet, die Timeline des Nutzers setzt sich ausschließlich aus den Beiträgen der Menschen und Institutionen zusammen, denen er folgt.

Was hat das mit Medienbildung – und damit mit dem Medienzentrum zu tun?

Medienbildung muss heute über die reine Nutzung von technischen Spielereien hinausgehen. Das Erlernen der Nutzung von Plattformen ist ein notwendiger Bestandteil einer umfassenden Medienkompetenz. Dazu gehört auch die kritische Betrachtung bestehender Systeme und das Aufzeigen von Alternativen. Aus diesem Grund hat das Medienzentrum Frankfurt beschlossen, einige der gängigen Plattformfunktionen (Microblogging, Picturesharing, Blogging) für Lehrkräfte in Hessen auf eigenen Servern bereitzustellen.

Um es noch einmal klarzustellen: Es geht NICHT darum, Lehrende und Lernende zu anderen Plattformen “umzuziehen”, sondern schlicht und einfach darum, Alternativen aufzuzeigen und zu verdeutlichen, dass es nicht selbstverständlich ist, sein gesamtes Nutzerverhalten weitgehend unkontrolliert großen Konzernen zur Verfügung zu stellen.

Welche spezifischen Dienste bietet das Medienzentrum als föderierte Alternative zu den zentralen Plattformen an?

Mit diesen drei Diensten steht eine Grundlage zur Verfügung, um mit Lernenden über Freiheit, Moral, Ethik und Werte zu diskutieren und ihnen zu zeigen, wie offene, nicht-kommerzielle und nicht-bespitzelte Plattformen funktionieren.

Hessische Lehrkräfte können auf Anfrage eigene Benutzerkonten auf einem oder mehreren dieser Server erstellen, um zunächst selbst herauszufinden, wie die Nutzung des Fediverse aussieht, und anschließend diese Möglichkeiten in eigenen Projekten mit Lernenden nutzen. Zusätzliche Fortbildungsangebote des Medienzentrums ergänzen das Gesamtpaket.

Wenn ihr jetzt Lust bekommen habt mitzumachen, dann meldet euch auf den verschiedene Plattformen an. Gerne könnt ihr mich auch direkt ansprechen, ich freue mich darauf, Fragen zu beantworten.